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Freiwillig. Stark!

14.05.2024 | Rund um die Plattform

Unsere neue Portraitserie "Freiwillig. Stark! Ehrenamt in Rostock – Gemeinsam für mehr Miteinander."

Weil es um mehr geht, als "nur" Deutsch zu lernen 
Hans-Joachim Kallwitz organisiert das Interkulturelle Sprachcafé

Alles begann im Urlaub in Schweden: Hans-Joachim Kallwitz entdeckte ganz beiläufig auf einem Plakat Werbung für ein Sprachcafé. Dort trafen sich Menschen unterschiedlicher Herkunft, um gemeinsam ihre Schwedisch-Sprachkenntnisse zu verbessern, um gemeinsam etwas über dieses für sie noch so fremde Land zu lernen und um Anschluss zu finden in der Stadt, die für sie vielleicht irgendwann zu einer neuen Heimat werden würde. Hans-Joachim Kallwitz dachte sich: Das braucht Rostock auch. Er entwickelte ein Konzept, doch fand zunächst keine Befürworter:innen. Ein Jahr später las er in einem Zeitungsartikel dann plötzlich von der Gründung eines Sprachcafés. Auslöser war eine Vorleseaktion für Geflüchtete. Damals. 2016. Die Stadtbibliothek Rostock gründete offiziell im Februar 2017 die entsprechende Initiative. Inzwischen ist die Stadtbibliothek der wichtigste Partner.

Seit 2018 organisiert Hans-Joachim Kallwitz die Treffen des Sprachcafés, das inzwischen den Zusatz „Interkulturelles“ bekommen hat. Damals wechselte der Austragungsort von Lütten Klein in das Mehrgenerationenhaus „Maxim“ nach Evershagen und die Hauptorganisatorin zog sich zurück. „Zu diesem Zeitpunkt stand alles auf der Kippe. Doch es hängen zu viele Menschen dran, als dass ich einfach das Handtuch werfen könnte“, sagt Hans-Joachim Kallwitz. Auch wenn die Bürgerinitiative insgesamt 14 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer zählt, widmet er sich den organisatorischen Aufgaben. Er schreibt Berichte über die Treffen, geht einkaufen für die Veranstaltungen, wirbt Spendengelder ein, entwirft und verteilt Flyer, um auf das nächste Sprachcafé aufmerksam zu machen. Und dann klingelt mindestens einmal täglich das Telefon. „Wir sind nicht mehr nur ein beliebter Treffpunkt, wenn es darum geht Deutsch zu lernen. Wir sind inzwischen auch Ansprechpartner für Alltagsprobleme, helfen bei der Kitaplatz-, Arbeits- oder Wohnungssuche. Wir hören einfach zu und versuchen für die Menschen da zu sein.“

Das Interkulturelle Sprachcafé wird zu 100 Prozent aus Spenden finanziert. 60 Euro pro Monat seien nötig, um die Begegnungen auf die Beine zu stellen. Doch selbst diese aufzutreiben, sei mühsam. Die Treffen finden im Zwei-Wochen-Rhythmus statt. Kamen in der Anfangszeit zwölf Leute, sind es nun gut und gerne um die 40 Personen. Menschen aus 35 Nationen waren inzwischen Gast im Interkulturellen Sprachcafé. Zu den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern gehören vornehmlich Sprachpaten, die im offenen Austausch die Kommunikation übernehmen. Auch diese werden händeringend gesucht. „Sobald die Besucherinnen und Besucher zu uns ins Café kommen, lesen, hören und sprechen sie deutsch. Einige kommen seit Jahren zu uns, andere wiederum nur einmal. Wir schicken niemanden weg.“ In 2023 verzeichnete das Interkulturelle Sprachcafé in Summe rund 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. „Das zeigt uns wie groß der Bedarf ist. Viele haben keine richtige Chance, sich zu integrieren. Wir wollen ihnen eine Möglichkeit zur gesellschaftlichen Teilhabe geben.“ Manchmal initiiert Hans-Joachim Kallwitz auch Ausflüge abseits des Sprachcafés, Kinobesuche, Hafenrundfahrten, Sommerfeste – sofern das Geld da ist.

Sich ehrenamtlich einzubringen, stand für den 66-Jährigen mit Beginn  seiner Pensionierung außer Frage. „Offiziell bin ich Rentner, doch inoffiziell habe ich mehr zu tun als vorher. Es gibt mir ein gutes Gefühl, anderen zu helfen. Trotz der kulturellen Vielfalt hat es noch nie Streit gegeben. Alle respektieren und tolerieren sich.“ Was ihm Sorgen bereitet, ist die Zukunft der Initiative: „Es ist nicht nur die Finanzierung. Es wäre schön, auf einen Helferpool zurückgreifen zu können. Vielleicht finden sich auch ein paar jüngere Leute, die helfen wollen und zeitlich können.“